Für mich und einige andere ergab sich dieses Jahr das erste Mal die Möglichkeit beim Jugendtörn mitzufahren, von dem wir schon viel Geschichten und Anekdoten gehört hatten. Kurz vor Abfahrt war das Wetter für Anfang November erstaunlich gut vorhergesagt und auch pandemiebedingt musste niemand zuhause bleiben. Mit den anhand der in den letzten Jahren perfektionierten Einkaufsliste bis obenhin vollgepackten Autos fuhren wir am Samstagmorgen zu nachtschlafender Zeit in Richtung Dalmatien los. Ein Teil der Gruppe war bereits am Freitag mit dem Flugzeug nach Kroatien gereist, um Ollis Boot nach Vodice zu überführen, von wo aus unser Törn dieses Jahr starten sollte. Als wir Autofahrer dort angekommen waren, wurden zunächst die gecharteterten Boote übernommen und der Proviant für die gesamte Woche aufgeteilt. Isabel, Valentin, Jonas, Corbinian, Kai, Flo und Olli sollten während der kommenden Woche die Kalumina bewohnen; Luise, Beppo, Franziska, ich, Linus, Simon und Manne die Altair. Die Fleur de Lys wurde von Toni geskippert, hier fuhren Lena, Andrea, Loretta, Xanti und Florian mit. Da von Olli und seiner Besatzung bei Sonnenuntergang jedoch noch jede Spur fehlte, entschlossen wir uns sie an der Insel Zirje zu treffen, nicht ohne vorher ein ungeplantes An- und Ablegetraining durchzuführen. Die ursprünglich anvisierte Bucht bot leider nicht optimale Wassertiefen, sodass die Fahrt weiter in Richtung Süden fortgesetzt wurde. Auch hier gab es technische Schwierigkeiten beim Ankern der Altair, bis nach einigen Versuchen von einer ausreichenden Stabilität des Ankers ausgegangen werden konnte und alle erschöpft in ihre Betten fielen.
Unsere Bucht erschloss sich uns in ihrer ganzen Schönheit erst am nächsten Morgen und Isabel konnte die ersten Drohnenaufnahmen unserer drei Boote aufnehmen. Bei wolkenlosem Himmel und konstantem Wind aus Nordost konnten wir die Gennaker wenige Minuten nach Abfahrt setzen und Fahrt in Richtung Vis aufnehmen. Nach wenigen Seemeilen waren kein Land und auch kaum andere Boote mehr in Sicht. Einer Kollision mit einem Trawler konnten wir auf der Altair dennoch nur durch eine Halse im letzten Augenblick entgehen, bevor wir dann die Außenküche in internationalen Gewässern einweihten. Auf der Fleur de Lys mussten erste Abstriche bei der Raumaufteilung gemacht werden, nachdem eine Bad-Tür aus den Angeln riss. Am späten Abend legten wir in Vis direkt an der Hafenpromenade an und konnten uns mit festen Boden unter den Füßen von unserem ersten kompletten Segeltag berichten.
Am nächsten Morgen kamen wir in den Genuss von Bananenpancakes, die Corbi für alle Boote zubereitete. Die hohe Priorisierung von Kulinarik zog sich auch weiter durch den Tag, als ein Fischerboot direkt neben uns anlegte. Da wir für den Abend ein Grillfest am Strand planten, wurden kurzerhand zehn Fische gekauft und diese unter den ungläubigen Blicken der Einheimischen erlegt. Danach lieferten wir uns auf der Kreuz aus der Bucht raus ein kleines Rennen und segelten bei konstantem Wind zu den Paklinski Inseln vor Hvar. Mit dem Kiwi Drop lernten wir ein neues Gennaker-Bergemanöver, bevor wir erneute Probleme mit dem Anker hatten. Wie sich herausstellte war dieser auf der Altair für sandige Böden gedacht. Wir hatten auf dem felsigen Untergrund unserer Bucht keine Chance, sodass wir uns in ein geselligeres Päckchen legten. Der ideale Grillplatz am Strand war bald gefunden und wir machten uns daran mit den Dinghis alles Nötige dorthin zu befördern. Die zuvor gekauften Fische mussten noch ausgenommen und entschuppt werden, ein Fisch fand sogar den Weg zurück ins Meer, bevor er von Simon heroisch wieder hochgetaucht wurde. Am Strand angekommen wurde ein aus Bayern importiertes Bierfass, das von der Segelsaison übriggeblieben war, angestochen und ein großes Lagerfeuer entfacht. Bei Fisch, Cevapcici und Ofengemüse war jeder Hunger bald gestillt und wir saßen noch lange zusammen.
Der nächste Morgen war dementsprechend etwas verzögert, zudem war der Wind an diesem Tag eher mau, sodass wir erst gegen Mittag nach Solta aufbrachen, wo wir erneut in einer wunderschönen, von Steilwänden eingefasste Bucht ankerten, diesmal sogar im Dreierpäckchen. Das Zettelspiel konnte trotz anfänglicher Skepsis doch überzeugen und so manch eine generationsbedingte Wissenslücke schließen.
Am Mittwoch machten wir uns auf den Weg nach Milna auf der Insel Brac, um dort im Hafen zu tanken und einige Besorgungen zu tätigen. Nachdem alles erledigt war, segelten wir wieder zurück zur Insel Solta, um dort in einer Bucht weiter nördlich zu ankern. Auf dem Weg hatten wir wunderbaren Wind, sodass sogar ein kleines Rennen ausgefochten werden konnte. Auf der Kalumina wurde der Code Zero bis zur von Olli herausgegebenen Maximalwindgeschwindigkeit gefahren und vielleicht auch ein bisschen darüber hinaus. In der Bucht angekommen legten wir uns wieder ins bewährte Dreierpäckchen und verbrachten einen gemütlichen Abend zusammen.
Für unseren letzten Segeltag am Freitag war ein eher stürmisches Wetter mit Windgeschwindigkeiten bis 40 kn vorhergesagt, weshalb die Entscheidung getroffen wurde, einen Nachtschlag für die verbleibenden 35 Seemeilen zu unternehmen. Die bedingt durch die Winterzeit wenigen Sonnenstunden verbrachten wir daher in unserer Bucht in Solta mit einem Badetag. Es wurden Drohnen aus Bäumen gerettet, von Klippen gesprungen, geschafkopft und kleine Versorgungs-Rundfahrten in der Bucht unternommen. Kurz vor der Abfahrt am Abend zeigte sich wieder der frappierende Unterschied in der Organisation der einzelne Boote, als sich Ollis Mannschaft komplett in Ölzeug an Deck versammelt hatte, während andere noch den Sprung in Wasser wagten. Die Fahrt in die Nacht gestaltete sich entspannter als erwartet, zwischenzeitlich mussten wir bei spiegelglatter See motoren. Der Wind nahm kontinierlich zu und um drei Uhr in der Nacht kamen wir wohlbehalten in unserem Heimathafen an, worauf noch bei einem Ankerbier angestoßen wurde.
Der angekündigte Sturm hatte am nächsten Morgen dann auch Vodice erreicht, zudem regnete es in Strömen, sodass wir froh um unseren sicheren Platz im Hafen waren. Der Tag wurde mit verschiedenen Spielen und dem Aufbrauchen der letzten Vorräte verbracht. Am Abend machten wir eines der wenigen noch geöffnete Restaurants ausfindig. Der Koch sah die Gelegenheit für das Geschäft des Jahres und servierte uns einen nicht enden wollenden Strom an gemischten Grilltellern, Beilagen, Wein und Bier. Es verließ auf jeden Fall niemand hungrig den Tisch. Die Rückfahrt nach Bayern war von stürmischen Wetter geprägt (bis 11 Bft um die Insel Krk). Teilweise war die Autobahn komplett gesperrt, weshalb einige auf die doch sehr kurvige Küstenstraße bis Rijeka ausweichen mussten. Am Abend waren aber dann alle wieder an Ihrer Heimatdestination angelangt.
Vielen Dank an die Skipper Olli, Manne und Toni für Eure Zeit und Nerven. Uns „Neuen“ hat dank Euch das Segelfieber noch einmal mehr gepackt, mein Urlaub für den nächsten Törn ist jedenfalls schon fest geplant!
Anna Thannheimer