Mein siebenmonatiges Segelabenteuer

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Wie der ein oder andere schon erfahren hat, habe ich, Victor Bär, mein letztes Schuljahr auf dem Toppsegelschoner Gulden Leeuw verbracht, und habe mit diesem den Atlantik überquert sowie in vielen Landaufenthalten neue Länder, Kulturen und Lebensweisen kennengelernt. Aber wie kam es dazu? Im Alter von sieben Jahren habe ich den Spaß am Segeln bei Michi Schätz im Opti entdeckt und bin heute Teil des 420-er Teams. Über sehr gute Freunde wurde ich auf die Organisation HSHS (High Seas High School) und die siebenmonatige Segelreise von Schülern der 10. bzw. 11. Klassen aufmerksam. Da ich von dem Projekt von Anfang an begeistert war, habe ich mich sofort zu einem zweiwöchigen Sommertörn auf der Johann Smidt angemeldet. Hier bin ich dann richtig auf den Geschmack gekommen: Die Schüler sind nicht nur Segler, sondern Teil eines Teams, das sich um alle Belange des Segelns bzw. des Schiffes und der Reise kümmern muss, dürfen selber das Steuer übernehmen, müssen kochen, putzen etc. Im Anschluss an diese zwei Wochen habe ich mich dann für den großen Törn beworben und bekam noch kurz vor Weihnachten als mein größtes Weihnachtsgeschenk die Zusage, an der 31. Reise der HSHS teilnehmen zu können. So ging es dann am 8. Oktober 2023 in Bremerhaven los. Im Ärmelkanal war es bereits sehr stürmisch, so dass wir dort in der Torbay einen Tag abwettern mussten. So stürmisch ging es dann über die nächsten vier Wochen durch die Biskaya weiter: Wir segelten westlich um die Tiefs und somit um die Biskaya herum. Dabei hatten wir bis zu 8bft und 6m hohe Wellen zu bewältigen. Der Kapitän schrieb „we are a playing ball in the waves“ ins Logbuch. Als wir auf den Kanaren angekommen waren, war das Schlimmste vorbei – wobei mir der Seegang eigentlich nicht viel ausgemacht hat; herausfordernd war das Kochen, Essen (Suppe!), Duschen und Schlafen bei dem so mächtig schaukelnden Schiff.
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Daher war die Freude umso größer, als wir nach mehreren Wochen endlich wieder Land sahen – und zwar Madeira. Dort hatten wir auf der Nebeninsel Porto Santo unseren ersten unvergesslichen Landaufenthalt. Aber dann ging es auch schon weiter über die Kanaren, Kapverden, mit schönen Passatwinden über den Atlantik nach Martinique und Grenada. Weihnachten haben wir auf Grenada gefeiert. Wir hatten sogar einen seefesten Weihnachtsbaum und absolvierten dort einen Tauchkurs. Die nächste Station war Costa Rica mit dem lang ersehnten und geplanten einmonatigen Landaufenthalt. Im ersten Teil sind wir ganz in den Norden, nach Puntarenas, gefahren, um dort die Werft der Ceiba, einem Segelfrachtschiff gebaut aus Holz, zu erkunden. Dies war definitiv eines der Highlights der Reise! Wir waren in Gastfamilien untergebracht, haben an einem Cross-Country-Lauf teilgenommen, Wasserfälle erkundet und bei der Zuckerrohr- sowie Kaffeeernte geholfen. Während des zweiten Teils haben wir Schüler uns nach Interessen in Kleingruppen von ca. je fünf bis sechs Schülern eingeteilt und in diesen Teilgruppen haben wir mit je einem Pädagogen das Land Costa Rica erkundet. Diese Woche „Expi“ wurde von uns Schülern selbst geplant. Dabei hatten wir ein nur sehr knappes Budget zur Verfügung und durften bei der Planung keine Handys benutzen (wie auch das gesamte Segelprojekt ein „Offline-Projekt“ war). Daher wurde auch sehr viel improvisiert, und so sind wir mit Bussen und hauptsächlich per Anhalter gefahren, was in Costa Rica sehr abenteuerlich war. Die ersten zwei Nächte haben wir in dem Hintergarten einer indigenen Stammesältesten verbracht, um schließlich unser Ziel zu erreichen: Pavones, den Surferstrand in Costa Rica. Schließlich bestiegen wir wieder unser Schiff Richtung Kuba. Dort war auch ein mehrtätiger Landaufenthalt geplant, der uns sofort die Schönheit aber auch die „Andersartigkeit“ Kubas erleben ließ. Viele Eindrücke kamen mir vor wie in einem „Film“. In Erinnerung bleiben mir unvergessliche Bilder.
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Von Kuba ging es dann auf die Bermudas und uns allen war klar: Jetzt beginnt die Heimreise. Von den Bermudas führte die Reise mit einem Bade-Zwischenstopp mitten im Nordatlantik wieder über den Atlantik auf die Azoren. Nach einem mehrtägigen Zwischenstopp ging es dann schließlich durch den Ärmelkanal zurück nach Bremerhaven. Dort sahen wir am 1. Mai 2024 überglücklich und noch total beeindruckt von der Reise unsere Familien wieder. Neben all den Eindrücken und Abenteuern dieser sieben Monate war mein persönliches Highlight das „große Handover“ auf dem Weg von den Azoren in Richtung Ärmelkanal. Dabei durfte ich eine Woche lang 1. Offizier dieses 70 Meter langen Schiffes sein und musste dabei die Wachen leiten, einen „firedrill“ durchführen und vieles mehr. Dafür musste man sich schriftlich (auf Englisch!) bei der Crew für eine gewünschte Position bewerben und Gründe für diesen Wunsch angeben. Ich hatte großes Glück und mein Wunsch, 1. Offizier zu sein, wurde erfüllt. Solltet Ihr Fragen haben oder auch mit dem Gedanken spielen, bei dieser oder einer anderen Organisation eine ähnliche Reise zu planen, könnt Ihr mich sehr gerne ansprechen. Viele Grüße, Victor