Eigentlich hatte ich erwartet, dass meine Segelsaison schon zu Ende sei, doch dann fragte mich Peter Sippel ganz spontan, ob ich Lust hätte, mit Ihm die Euro am Zwenkauer See zu fahren.
Was für eine Überraschung! Und so machten wir Bayern uns am Freitag auf den Weg in den Norden.
Der künstlich angelegte Zwenkauer See befindet sich im Süden von Leipzig und war ursprünglich ein Braunkohletagebauwerk, welches erst vor wenigen Jahren fertig geflutet worden war.
Zwischen vielen Windrädern und alten Schornsteinen erreichten wir mittags unser Ziel.
Viele Korsarsegler waren schon da und liefen gerade zum Practice-Race aus dem Hafen aus.
Auch wir hatten am Freitag bei herrlichem Sonnenschein noch die Gelegenheit das besondere Revier zu erkunden. Über eine lange Rampe konnten wir das Schiff in den mit hohen Spundwänden ausgekleideten Hafen slippen und durch eine betonnte Hafenausfahrt auslaufen. Das Ufer war sehr abwechslungsreich, teil mit Birken bewachsen, teils mit Blick auf Windräder, ein Kohlekraftwerk und einen langen Schornstein, die auf jeden Fall eine gute Orientierungsmöglichkeit versprachen. Der Wind erinnerte uns sehr an zu Hause, er drehte hin und her, ganz wie daheim.
Offiziell begann der Eurocup mit dem Willkommensabend mit leckerer Paella und der Steuermannsbesprechung am nächsten Morgen, bei der wir dank Peters Fragen den Unterschied zwischen einer BahnAB- und einer BahnVERkürzung lernen durften, einem durchaus wichtigen Detail.
Im Verlauf der nächsten drei Tage segelten wir bei schönstem Wetter acht Wettfahren, am ersten Tag zunächst eine Wettfahrt mit leichtem Wind, am zweiten Tag dann vier Wettfahrten mit schönem Trapezwind. Die Winddreher waren nicht leicht zu erkennen, abends saßen doch viele etwas frustriert und rätselnd zusammen, da bis auf den so konstant segelnden Ralf Blum alle schon ihre Streicher eingefahren hatten. Jens Grass postulierte herzhaft lachend die Winddreher anhand der Windräder vorersehen zu können, doch auch hier – Fehlanzeige!
Einig waren sich aber alle, dass wir die Tonne in der Mitte des Sees, die dort plötzlich inmitten einer Wettfahrt aufgetaucht war, dank Peters Frage bei der Einführung nie als BahnVERkürzung erkannt hätten.
Am Vorabend des letzten Wettfahrttags war das Feld also bunt gemischt und durch die vielen Ausreißer war im vorderen Drittel noch alles möglich. Müde von den vier Wettfahrten, aber vergnügt, durften wir im Sonnenuntergang mit dem Dampfer Santa Barbara über den neuen See fahren und lernten von dem sächsisch sprechenden Kapitän viel über die lokalen Gegebenheiten, wie z.B. das nach der Flutung zunächst so saure Wasser, das die Opferanoden des Schiffes rasch zerstört hatte oder dass man die betonnten Untiefen des Sees ernst nehmen sollte, da hier knapp unter der Wasseroberfläche an einer Stelle noch ein Bagger stehen würde.
Am letzten Tag gelang es uns bei moderatem Wind drei erste Plätze zu ersegeln und damit den Eurocup 2023 zu gewinnen.
Stephi Joerges